Die Arbeitsschlacht-Vollbeschäftigung im Nationalsozialismus
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Ab 1933 stellten die Nationalsozialisten endgültig den Vorrang der Beschäftigung vor der Unterstützung
her. Das war der Übergang zu einer autoritär und repressiv durchgesetzten Vollbeschäftigungspolitik.
Es folgten Eingriffsmöglichkeiten in bestehende Arbeitsverträge zwecks Umschichtung der Arbeitslosen-
und Belegschaftsstrukturen, am 15.5.1934 das "Gesetz zur Regelung des Arbeitseinsatzes" und am
10.8.1934 die "Verordung über die Verteilung von Arbeitskräften". 1936 wurde die Arbeitsbuchpflicht
eingeführt und damit die Kontrolle über alle Beschäftigten-Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt. Noch 1869
war es der Arbeiterschaft gelungen, dieses Buch abzuschaffen. Ohne das Arbeitsbuch konnte kein
Arbeitnehmer beschäftigt werden. Staat und Wirtschaft waren über jeden Beschäftigten informiert. Aber
es konnte auch niemand willkürlich entlassen werden. Das Arbeitsamt mußte der Entlassung zustimmen. Von
bestimmten Fehlzeiten an, die das Arbeitsbuch durch fehlende Eintragungen erkennen ließ, galt man
als "Arbeitsscheuer", der einer besonderen Behandlung unterzogen werden konnte. Die Verordnung über
die Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels vom 1.9.1939 brachte die Zustimmungspflicht der Ämter bei
allen Kündigungen ohne gegenseitiges Einvernehmen und bei allen Neueinstellungen mit Ausnahme des
Bergbaus, der Landwirtschaft und privater Haushalte. Soweit zur Arbeitsvermittlung. Der Anteil der
Löhne am Volkseinkommen fiel seit 1934/35 kontinuierlich. Ein offizieller Lohnstopp wurde 1939
verhängt. Weil an den Löhnen nicht gerüttelt werden durfte, kümmerte sich die Deutsche Arbeitsfront
um Arbeitserleichterungen, Aufenthaltsräume, Werkskantinen usw. Trotz alledem (staatliche
Arbeitszuweisungen, sinkende Löhne etc.) verbreitete die nationalsozialistische Sozialpolitik
innerhalb der Volksgemeinschaft ein Gefühl sozialer Gleichheit. Auch wenn man heute Ältere befragt,
so wird immer wieder hervorgehoben, Hitler hätte Arbeitsplätze geschaffen. Methoden und Ursachen
werden dabei nicht hinterfragt. Zunächst ein Blick in die Arbeitslosenstatistik. Im Winter 1928/29
stieg die Zahl der Arbeitslosen auf 2,5 Millionen. Anfang 1931 hatten 5 Millionen keine Arbeit.
1933 gab es 6 Millionen Arbeitslose. Das waren 10,8% der deutschen Bevölkerung. 1934 wurden noch
3 Millionen Arbeitslose gezählt, aber auch bereits ein Mangel an Facharbeitern. 1936 war die
Vollbeschäftigung erreicht. Wesentlicher Faktor des Aufschwungs war die Wiederbewaffnung, die
weite Kreise der Wirtschaft einschloß - über die Metallindustrie, Klein-und Mittelbetriebe als
Zulieferer, die Bauwirtschaft - und vor allem wehrpflichtige Arbeitslose von der Straße holte.
Aber auch die Weltwirtschaft erholte sich und trug ihren Teil zum Aufschwung bei.
Der
Maßnahmenkatalog der "Arbeitsschlacht":
- Wiedereröffnung unrentabler (geschlossener)Betriebe
- zwangsweise Übernahme zusätzlicher, nicht benötigter Arbeitskräfte.
- Arbeitslose wurden in die Landhilfe abgedrängt und erschienen so nicht mehr in den
Arbeitslosenstatistiken
- Jugendliche opferten "freiwillig" ihren Arbeitsplatz und gingen auf`s Land oder in den
Arbeitsdienst
- Aufrufe und Appelle an Arbeitgeber, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und
Arbeitsplätze zu schaffen
- Aufforderungen an Hauseigentümer, die Häuser zu renovieren,
umzubauen oder sonstwie zu verändern (Bauwirtschaft)
- Zwangskauf des Arbeitsschlacht - Abzeichens zur Mittelbeschaffung
- Einsatz in Berufen ohne Rücksicht auf den erlernten Beruf
- "Ehefrauen zurück ins Heim" (wurde bezuschußt)
- Förderung der Eheschließung - Ehefrauen räumen den Arbeitsplatz
- junge Arbeiterinnen wurden zu Hausgehilfinnen
- Arbeitslose wurden, mit wenig mehr Lohn als die Arbeitslosenunterstützung betrug,
zu Notstandsarbeiten verpflichtet (genötigt)
- "Bereinigung" von Arbeitslosenstatistiken
- verstärkte Zuweisung zum (noch) Freiwilligen Arbeitsdienst
- Autobahn - und Straßenbau, 1935 arbeiteten etwa 135 000 Menschen an den Straßen des Führers
- Automobilbau: 1937 begann die subventionierte Entwicklung eines KdF - Wagens, später Volkswagen
genannt. Der Wagen sollte im Preis um 990 Reichsmark liegen, damit ihn das Volk kaufen konnte.
Am 26. Mai legte Hitler in Wolfsburg den Grundstein für das Volkswagenwerk. Für die eigentliche
Finanzierung des Werkes wurden die Arbeiter herangezogen. Sie sollten durch Ratenvorauszahlungen
das Kapital stellen. Aus diesem Grund hieß die Aktion "Volkswagensparen". Die Volksmotorisierung
war der entscheidende Schritt auf dem Weg zu einem motorisierten Krieg.
- Volksempfänger für jeden Deutschen
- Autobahnbau, Automobilbau, Volksempänger dienten natürlich der Kriegsvorbereitung !
- wiederholte Entlassung und Neueinstellung derselben Arbeitnehmer gaukelte steigende
Einstellungszahlungen vor
- Arbeitslose wurden auf unbestimmte Zeit beurlaubt und aus der Arbeitslosenstatistik
gestrichen
- Lohnkürzungen
- Durchführung "moralischer", aber unwirtschaftlicher Projekte
- Aufforstungen, Gewinnung von Land, welches jedoch teilweise unfruchtbar und nicht bestellbar
war
- "freiwillige", unbezahlte Mehrarbeit, die Erlöse dienten zur Finanzierung der
"Arbeitsschlacht"
- Pflicht - und Zwangsarbeit ohne Entlohnung gegen Materialgutscheine
- agrarpolitische Maßnahmen
- Steuerermäßigungen
- Abbau öffentlicher Unterstützung
- zweckentfremdete Verwendung von Sparkassen- und Versicherungsguthaben
- Regulierung von Flußläufen
- Entfernung mißliebiger Menschen wie Kommunisten und Juden, Stellen wurden mit
"arischen Deutschen" besetzt, die sogenannte "Arisierung" schuf Arbeit,
Säuberung des deutschen Beamtentums.
Eine wichtige Rolle spielten die Arbeitsdienste im
nationalsozialistischen Deutschland. Vor dem 26. Juni 1935 gab es den Freiwilligen Arbeitsdienst.
Bis Ende 1932 waren dort 250 000 Menschen beschäftigt. Vornehmlich handelte es sich um
Wegebauten und Anlagen von Sportplätzen. Mit dem Gesetz vom Juni 1935 wurde der Freiwillige
Arbeitsdienst Reichssache und Pflicht für jeden Deutschen, Reichsarbeitsdienst (RAD) nannte er
sich jetzt. Der Einsatz der insgesamt 230 000 Arbeitskräfte wurde folgendermaßen verteilt:
55 % Landeskulturarbeiten, 15 % Wirtschaftswegebau, 10 % Forstarbeiten 5 %
Vorbereitungsarbeiten für Siedlungen 15 % sonstige Arbeiten (Talsperren, Wasserstraßen,
Reichsautobahnen etc.) Der Arbeiter war gegen Krankheit versichert, erhielt Uniform, Kost und
(Baracken-) Logis und 20 Reichspfennig Taschengeld pro Tag. Außerdem gab es einen
Frauenarbeitsdienst (FAD), der sich in die Siedlerhilfe und die Nationalsozialistische
Volksfürsorge gliederte. In der Siedlerhilfe sollten die jungen Mädchen u.a.
landwirtschaftliche Arbeit kennen-und lieben lernen und die Bauersfrauen entlasten. In den
Umschulungslagern und Hauswirtschs-lehrgängen wurden junge Fabrikarbeiterinnen auf den Beruf
der Hausgehilfin vorbereitet. Die Nationalsozialistische Volksfürsorge (NSV) wurde am
18. April 1932 ins Leben gerufen. Am 3. Mai 1933 wurde die NSV durch Führerdekret zur
Organisation innerhalb der Partei erklärt. Die NSV unterteilte sich in Gesundheitsführung,
Wohlfahrtspflege und Rechtsberatung. Untergliederungen des NSV waren das Winterhilfswerk und
das Hilfswerk "Mutter und Kind". Das Aufgabengebiet des NSV umfaßte insgesamt gesehen folgende
Einzelgebiete: Kindergärten, Horte, Wohnungshygiene, Wohnungsbeschaffung,
Schädlingsbekämpfung, Jugendschutz, Haftverschonung für Jugendliche, Kleingärtenvermittlung,
Naherholung, Brandverhütung, Berufsberatung, Müttererholung, vorbeugende Jugendhilfe,
Aufklärung über Volksseuchen. Der Druck, dem NSV beizutreten, war sehr stark.
Hilfsleistungen des Hilfswerk "Mutter und Kind" waren wirtschaftliche Hilfen,
Arbeitsplatzhilfe (Väter bekommen Arbeitsplätze, deren Verdienst der Familiengröße gerecht
wird), Wohnhilfe, Müttererholung und Mütterschulung. 1934 brachte das Hilfswerk 10
Millionen Reichsmark durch Sammlungen ein. Das nationalsozialistische Regime übernahm aus
der Weimarer Republik das "Winterhilfswerk" und machte daraus eine Propagandaaktion.
Ständig gab es Straßensammlungen. In erster Linie sollte das WHV Bedürftigen mit
Sachspenden helfen. Es gab 1,5 Millionen freiwilliger Sammler. Die Deutsche Arbeitsfront
(DAF) war der Ersatz für die zerschlagenen Gewerkschaften. Die DAF kontrollierte die
Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen, Löhne, Beförderungen und Renten. Tatsächlich wurden den
Arbeitern alle Rechte genommen. Die Arbeiter waren Zwangsmitglieder in der DAF. Die
NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" war ein Teil der DAF. Sie organisierte die Freizeit.
(Reisen, Veranstaltungen, Volkswagen etc.) Es gab einen Reichsberufswettkampf. Die
"Berufsolympiade" war eine gemeinsame Veranstaltung von Reichsjugendführung und DAF. Zudem
gab es einen Leistungskampf der deutschen Betriebe. Von 1936 an wurden Unternehmer an
einem Wettbewerb für die Auszeichnung "Musterbetrieb" beteiligt. Dazu kam ein Betrieb
durch verschiedene Maßnahmen: nationalsozialistische Linientreue, gute Sammelergebnisse,
vorbildliche Sozialeinrichtungen, Stiftungen für kulturelle Zwecke, betriebliche
Höchstleistungen, vorbildliche Lohnsysteme. Andere Einrichtungen waren "Schönheit der
Arbeit" (Verschönerung der Betriebe) und "Das Musterdorf" (Prämiierung des schönsten
Dorfes). Soweit zur Arbeitsschlacht. Und weiter in der Geschichte der Arbeitsverwaltung.
Vermehrt ging es der Arbeitsverwaltung um die Selektion der Arbeitsunwilligen und
Arbeitsunfähigen. Im Oktober 1936 wurde die Arbeitslosenversicherung neugeordnet. Die
Arbeitslosen wurden unterteilt in Einsatzfähige und nicht voll Einsatzfähige,
Einsatzfähige in im Beruf voll Einsatzfähige und sonst voll Einsatzfähige. Dabei wurde
auch die Mobilität überprüft, ob Verschickungen möglich seien. Nicht voll Einsatzfähige
wurden unterteilt in wegen körperlicher Gebrechen Erwerbsbeschränkte, in nur zwischen 30
und 48 Wochenstunden Verfügbare (Mütter, Hausfrauen), durch lange Arbeitslosigkeit und
fortgeschrittenes Alter Arbeitsentwöhnte und diejenigen mit wiederholten
Arbeitsablehnungen ohne berechtigten Grund. Das Jahr 1937 markierte einen Wendepunkt.
Die Arbeitsämter grenzten nun nicht mehr allein widerspenstige Personen und Gruppen aus,
die nicht der normalen Arbeitsfähigkeit entsprachen, sondern sie beteiligten sich unter
dem Titel der "Mobilisierung der Arbeitskraftreserven" an der direkten
arbeitspolizeilichen Verfolgung. Die Praktiken der zwangsweisen Verschickung in
Arbeitsdienstlager, in die Landhilfe, in Notstandarbeiten und die Vermittlung in
unterwertige Arbeitsverhältnisse, die die 1.Phase der "Arbeitsschlacht" dominierten,
ermöglichten in der Regel lediglich Einkommen knapp über oder unter dem
Unterstützungsniveau. Dennoch wurden diejenigen, die sich der Arbeitspflicht nicht
unterwarfen, zu "asozialen Elementen". Spätestens seit 1938 wurden polizeiliche
Verfolgung, Inhaftierung und KZ-Haft zu einem Bestandteil der Arbeitsamtpraxis. Der
"Wohlfahrtsstaat" des Nationalsozialismus war nicht Instrument der Integration der
Schwachen und Benachteiligten, sondern der Verschärfung rassistischer Ungleichheit.
Der "Asoziale" und "Arbeitsscheue" wurde dem "schaffenden Volksgenossen"
entgegengestellt. "Asozialität" wurde biologisiert und zum rassistischen
Persönlichkeitsmerkmal des "Gemeinschaftsfremden" umdefiniert. Nach 1933 wurde aus
dem Begriff "Arbeitslosigkeit" allmählich die Begriffe "Arbeitsscheu" und
"Asozialität". Danach gab es sozial unauffällige, angepaßte Fürsorgeempfänger, an
jene wurden sozialpolitische Vergünstigungen erteilt, wie Ehestandsdarlehen, Beihilfen
für Kinderreiche etc. Und es gab unbequeme Fürsorgeempfänger. Sie wurden mit
Leistungskürzungen und -verschlechterungen belegt. Das waren die kurzfristig
wirkenden Erziehungsmittel. Zur langfristigen Abschreckung wurden sie zur
Pflichtarbeit ins Arbeitshaus oder ins KZ geschickt. Die Nationalsozialisten
verfolgten damit 4 Ziele: 1. Die Zuverlässigkeit und Loyalität der staatlichen
Behörden sollen getestet werden. 2. Das Widerstandspotential in der Bevölkerung wurde
ausgelotet. 3. Durch die Stigmatisierung von Armen, insbesondere von
Wohlfahrtserwerbslosen, die nicht ins Bild paßten, wurde die Ausgrenzung von Armen
und die Unsichtbarmachung von Armut vorangetrieben. 4. Durch die Einsparungen im
Bereich der Fürsorgepflicht wurden dringend benötigte Finanzmittel zur Umschichtung
für die ABM-Maßnahmen frei.
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