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Hier informieren wir über Aktuelles.

Die Idee für eine Veranstaltungsreihe
Asozial 1938-2008

Der geschichtliche Hintergrund:
Im Jahre 2008 ist der 70. Jahrestag der Aktion Arbeitsscheu Reich, die Höhepunkt der Asozialenverfolgung im Nationalsozialismus war. Wer wurde im Dritten Reich als asozial definiert? In den Richtlinien zur Beurteilung der Erbgesundheit heißt es dazu u.a."Als asozial (gemeinschaftsfremd) sind Personen anzusehen, die aufgrund einer anlagebedingten und daher nicht besserungsfähigen Geisteshaltung....arbeitsscheu sind und den Unterhalt für sich und ihre Kinder laufend öffentlichen oder privaten Wohlfahrtseinrichtungen...aufzubürden suchen." Weiterhin zählten zu den Asozialen: Straftäter, Trinker, Prostituierte, Heimzöglinge usw. Berufsverbrecher trugen im KZ einen grünen Winkel, die Asozialen einen schwarzen Winkel. Während die Asozialenverfolgung vor 1938 in Zwangsmaßnahmen der Kommunen bestand, wurde das Jahr 1938 zum Wendepunkt in der Asozialenverfolgung. Ab 1938 drängten die Wohlfahrtsämter die Polizeibehörden geradezu zur Verhaftung von "Asozialen". An die Stelle der Schikanen und der Vertreibung von Bedürftigen traten Erfassung und Vernichtung. Es war die Sozialutopie von der endgültigen Beseitigung abweichenden Verhaltens. Das bedeutendste Einzelereignis der NS-Politik gegen Asoziale war die Aktion Arbeitsscheu, die aus einer Gestapoaktion im April 1938 und einer Juniaktion 1938 der Kriminalpolizei bestand. Die Asozialen wurden in Konzentrationslager eingeliefert, insgesamt ca. 20 000-25 00 Asoziale saßen in Konzentrationslagern. Je länger der Krieg dauerte, desto banaler wurden die Vorwürfe gegen Asoziale. Die KZ-Häftlinge mit dem schwarzen Winkel waren in der Lagerhierarchie ganz unten und auch im Lager mit Vorurteilen konfrontiert. Nach dem Krieg wurden sie vom Bundesentschädigungsgesetz ausgeschlossen. Erst im Jahre 1987 richtete die Bundesregierung für die vergessenen Opfer wie auch Roma und Sinti, Homosexuelle, Wehrmachtsdeserteure Härtefonds ein. Der Gruppe der als "asozial" verfolgten Menschen fehlt bis heute eine Lobby.

Die Ziele:
Im Laufe der Proteste gegen die Hartz IV-Gesetzgebung wurde immer wieder auf geschichtliche Parallelen hingewiesen. Man kann den Nationalsozialismus und die heutigen neoliberalen Zeiten zwar so nicht gleichsetzen, aber es gibt auch heute noch bedenkliche Kontinuitäten. Die personellen Kontinuitäten nach dem Krieg sind vorbei, aber auch der geistige Aufbruch 1968. Der Kapitalismus scheint mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus gefestigt und kann sich voll entfalten, was zu einer zunehmenden sozialen Spaltung der Gesellschaft führt. In diesen Zeiten der Massenarbeitslosigkeit und der Angst vor dem sozialen Abstieg gedeiht wieder der Sozialdarwinismus. Die Starken setzen sich im Ellenbogenkampf gegen die Schwachen durch. Ein dementsprechendes Menschenbild der Eigenverantwortung wird geprägt. In diesen Zeiten wird auch wieder der Ruf nach Zwangsmaßnahmen laut, um gegen die Verwahrlosung der Unterschicht, die keinen Aufstiegswillen hätte (Beck), vorzugehen. Politiker wie Klaus-Rüdiger Landowsky, selbst korrupt verwahrlost, erklären den Kampf gegen die Verwahrlosung: "Es ist einmal so, daß dort wo Müll ist, Ratten sind, und das dort, wo Verwahrlosung herrscht, Gesindel ist. Das muß in der Stadt beseitigt werden." (1987) Das arbeitsscheue "Gesindel", dass dem Staat auf der Tasche liegt, soll beschäftigt werden. Im Clement-Report "Vorrang für die Anständigen" wurden Erwerbslose, die Sozialmißbrauch begehen, was das auch immer sei, als "Parasiten" bezeichnet. Wir wollen in dieser Veranstaltung mehr darüber erfahren, was die Aktion Arbeitsscheu Reich 1938 für die Betroffenen bedeutete, und was das alles mit der heutigen Unterschichtendebatte, dem Parasiten-Vorwurf, dem Ruf nach neuen Zwangsarbeitsdiensten, dem wieder aufkeimenden Sozialdarwinismus und dem Menschenbild der Eigenverantwortung zu tun haben. Wir wollen also für eine Rehabilitierung der KZ-Häftlinge mit dem schwarzen Winkel und überhaupt der vergessenen und aller Opfer eintreten, als uns auch der Kontinuitäten bewußt werden, und einen anderen Umgang mit den Ausgegrenzten in der heutigen Gesellschaft fordern.



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